Kapitel 2: Die Probefahrt
Das sollte doch eigentlich nicht ganz so schwierig werden. Aber zunächst wollte ich natürlich wissen, welche Fahrzeuge überhaupt in Frage kommen. Es soll ja das einzige Auto in der Familie sein und muss dann neben meinen beruflichen Anforderungen (Reichweite >300km) auch für eine 4-köpfige Jungfamilie, also mit Kinderwagen und Gepäck, ausreichend Platz bieten. Und da kam schon die erste Schwierigkeit. Bei (fast) allen konventionellen Herstellern sind Elektroautos entweder sportlich, futuristisch oder winzig. Die wenigen Vans, die es gibt, fallen von der Reichweite her weg oder sind nicht in meinem Preissegment. Abgesehen davon, dass ein Van meiner Lebensgefährtin keinen Spaß mehr zum Fahren macht – und auch das ist ein Ausschlusskriterium.
Also den Spieß umdrehen. Ich schreibe alle Autohäuser im näheren Umkreis an, damit mir diese sagen, welche Fahrzeuge für mich in Frage kommen und ob ich diese zur Probefahrt ausleihen könnte. Darunter waren Autohäuser mit Marken aus allen Segmenten – von Dacia bis Mercedes. Allerdings ist mein Gesicht bei jeder Antwort länger geworden. Entweder waren die Fahrzeuge viel zu klein (wenn der Kinderwagen nicht Platz hat) oder die Fahrzeuge (noch) nicht verfügbar. Was allerdings positiv war: Diejenigen, die das Fahrzeug (noch) nicht verfügbar hatten, waren alle sehr schnell mit ihren Rückmeldungen, haben sich bemüht und mich zumindest auf die Warteliste gesetzt.
Letztlich blieben dann auf meiner Liste insgesamt 4 Fahrzeuge stehen, die meine Anforderungen erfüllten. Und nun hieß es warten auf die Probefahrt. Bei einem der Fahrzeuge warte ich heute noch auf die Einladung zur Probefahrt – ganze 9 Monate später. Und nein, ich wurde nicht vergessen, aber das Fahrzeug für die Probefahrt ist noch immer nicht verfügbar…
Gefahren bin ich dann schließlich 3 Fahrzeuge. Und bei jedem wurde mein Lächeln breiter. Ja, genau so muss ein Fahrzeug sich anfühlen. Antrittsstark, geräumig, übersichtlich und vor allem: ruhig. Und mit jedem Meter, den ich gefahren bin, wurde mir klarer: Ja, eines dieser Autos werde ich kaufen.
Subjektiv ist mir aufgefallen, dass mir nichts auffällt. OK, es haben alle Fahrzeuge größere Displays als ihre Verbrenner-Pendants und es sind sehr viele elektronische Helfer schon serienmäßig mit an Bord. Das wars dann aber auch schon mit dem Unterschied zu den Verbrennern. Bei den klassischen Herstellern ist auch der Ladeanschluss meist an derselben Stelle wie bei den Verbrennern die Tankklappe.
Apropos Laden: Zumindest die von mir gefahrenen Fahrzeuge haben sich hier nicht großartig unterschieden. 11 kW bei einer AC-Ladestation, 100 – 150 kW bei den DC-Ladestationen. Was das bedeutet, darauf gehe ich dann später ein.
Und vom Verbrauch her? Ist der überhaupt relevant oder ist die Reichweite entscheidend? Zum Zeitpunkt, als ich mich für ein Fahrzeug entscheiden wollte, hatte ich dazu weder ausreichend Informationen noch Erfahrung. Also musste ich ins kalte Wasser springen. Jenes Fahrzeug, für das ich mich letztlich entschied, habe ich zu meinem am weitesten entfernten Kunden Probe fahren können – im Februar bei Minus-Graden, das Auto stand beim Kunden für mehrere Stunden auf dem Parkplatz in der Kälte und trotzdem bin ich locker ohne Bauchweh nach Hause gekommen, und das trotz sportlicher Fahrweise, kurvenreicher Bergstrecke, Stau und Stop-And-Go-Verkehr über mehrere Kilometer. Und auch die 130 km/h auf der Inntalautobahn – die man ja mit der grünen Kennzeichentafel fahren darf – habe ich genützt. 280 Kilometer mit über 80 Kilometer angezeigter Restreichweite entspricht dann schon fast den Herstellerangaben.
Also die Entscheidung ist gefallen, das Auto ist bestellt. Lieferzeit 6-8 Monate. Damit habe ich gerechnet, bei meinem Hybrid hatte ich auch über 6 Monate gewartet. Und Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude…
In der Zwischenzeit kann ich mich ja mit ein paar Rechenspielen beschäftigen. Was bedeutet der Verbrauch, die Ladeleistung, was brauche ich, was haben andere, was ist technisch möglich…